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AutorenbildAchim Becker

Aventurin Consulting @ COD1NG DA V1NC1

Aktualisiert: 14. Juli 2020

Digitalisierungserfahrung aus der Wirtschaft trifft Kultur …



Es war schon eine richtig spannende und aufregende Geschichte. Ich komme ja aus der Welt der Wirtschaft und habe bei SAP immer mit den verschiedensten Wirtschaftsunternehmen zu tun gehabt. Alle hatten auf irgendeine Art und Weise immer einen Digitalisierungsschritt vor sich. Und die Unternehmen waren sehr unterschiedlich weit in ihrer Digitalisierung. Da habe ich schon einiges gesehen...

Mit Aventurin Consulting begebe ich mich auf einen komplett neuen Weg nach meiner Zeit bei SAP. Ich kann mein Wissen und meine Erfahrung auf sehr vielfältige Weise weitergeben, um mir so meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Im Rahmen von Aventurin Waste arbeite ich ja sehr eng mit Sabine zusammen, die aus der Kulturszene kommt. Durch sie kam ich auf die Idee in die Welt der Kultur reinzuschnuppern und deren Herausforderungen kennenzulernen. Und da kam der “Coding da Vinci”-Hackathon (CdV) gerade richtig ...…


Vieles war anders, auch Dank Corona

Natürlich ist die Welt der Kultur eine andere als die der Wirtschaft. Aber es war tatsächlich durch Corona auch in anderer Hinsicht eine ganz spezielle Erfahrung. Der Hackathon war auf eine Dauer von sieben Wochen ausgelegt und eigentlich als analoge Veranstaltung mit vielen persönlichen Interaktionen gedacht, was man an vorherigen CdV-Hackathons deutlich erkennen kann. Tja, dann kam Corona. Und das Orga-Team des CdV hat in kürzester Zeit alles auf digital umstellen müssen. Hut ab, eine echt tolle Leistung!

Wir hatten uns zu dritt zusammengefunden (Natalie, Jasper, ich) um mit den Daten des “Exilarchiv 1933-1945” zu arbeiten. Und tatsächlich haben wir die komplette Projektzeit über ausschließlich digital zusammengearbeitet und auch noch unseren “Kunden” Jörn von der Leitung des Exilarchiv miteinbezogen. Einmal wöchentlich stimmten wir uns über Videokonferenz ab, nutzten Trello zur Aufgabenverteilung und konnten die Tätigkeiten so aufteilen, dass sie in der Zwischenzeit relativ unabhängig voneinander bearbeitet werden konnten und zu den Abstimmzeiten zusammengeführt wurden. Es hat auch total viel Spaß gemacht, mal wieder selbst was in Python zu programmieren ;-). Und wenn zwischendurch etwas abzustimmen war, nutzten wir den Slack-Channel von CdV. Und nun steht unser Ergebnis als Open Source im GitLab Repo.

Quintessenz: Digitale Zusammenarbeit ist problemlos möglich, wenn der Kontext stimmt! Und auch wenn wir gerne mal zusammen ein Bier getrunken hätten, das machen wir einfach nach Corona :-).

Dieser komplett digitale Ansatz war auf der anderen Seite tatsächlich auch eine Chance. Andernfalls hätten wir nicht so problemlos ein virtuelles Team aus drei so unterschiedlichen Regionen Deutschlands bilden können.





Das Abschluss-Event war dann semi-virtuell :-). Wir konnten glücklicherweise in Saarbrücken zusammenkommen, um unsere Projekte der Jury und interessierten Besuchern zu präsentieren - mit Mund-Nasen-Schutz natürlich. Natalie und Jasper haben sich virtuell aus Leipzig zugeschaltet. Die Jury und Besucher hat das so überhaupt gar nicht überrascht. Das ist glaube ich ein Aspekt des “new normal”, der durch Corona eine deutliche Beschleunigung erhalten hat.





Inhalt unseres Projekts war die visuelle Darstellung des "was bedeutet Exil" anhand der Informationen unseres Datengebers “wer wem wann von wo einen Brief geschrieben hat”. Die Briefkommunikation lief in großen Teilen über die “American Guild”, welche zu dieser sehr schwierigen Zeiten eine Organisation war, die die Menschen unterstützt hat in ideeller und auch finanzieller Hinsicht. Hier findet ihr ein kurzes Video dazu ...



Erkenntnisse


Was habe ich durch diesen Hackathon gelernt und welche Aspekte habe ich mir mitgenommen? In den folgenden Abschnitten skizziere ich die für ich wichtigsten Elemente.


Auch Kulturorganisationen haben Daten, sehr unterschiedliche


Eine der Kernaufgaben von CdV ist ja, Kulturorganisationen behutsam und spielerisch an den Gedanken der Digitalisierung heranzuführen. Dabei machen sich viele zum ersten Mal Gedanken darüber, welche Daten sie überhaupt haben. Eine sehr spannende Fragestellung. Es waren 25+ datengebende Organisationen am CdV Saar-Lor-Lux beteiligt. Die Datensätze waren unterschiedlich in Art und Menge, was oft auch mit dem “digitalen Reifegrad” einer Organisation zu tun hat. Oftmals waren es “direkte” Daten zu den Exponaten, wie z.B. Bilder von Plakaten oder 3D-Modelle von Skulpturen. Und in eher wenigen Fällen waren es “indirekte” Daten (Metadaten, beschreibende Information) zu Objekten, wie in unserem Fall des “Exilarchiv 1933-1945”, welches zu seinen Exponaten (den Briefen der Menschen im Exil) Sammlungsdaten bereitgestellt hat. Welche Person hat an welche andere Person wann welchen Brief von wo geschrieben. Und diese Daten waren bereits teilweise normiert, d.h. beispielsweise alle Personen (von/an) hatten eindeutige Nummern, über die sie identifiziert werden konnten.


Die Fragestellung der Daten ist eine der ersten, mit der sich eine Organisation auf dem Weg in die Digitalisierung befassen muss, weil Digitalisierung mehrere Facetten hat.


Zum einen beispielsweise zu Exponaten:

  • Die Exponate in digitaler Form, sprich der digitale Zwilling - mehr oder weniger detailliert

  • Beschreibende Daten über die Exponate


Zum anderen beispielsweise zu den Prozessen:

Ganz andere Informationen können und müssen bei der Digitalisierung ins Blickfeld kommen, wenn man beginnt die Prozesse in und um die Kulturorganisation in die Digitalisierung einzubeziehen. Das sind ganz verschiedene Bereiche wie die Verwaltung der Exponate / Leihgaben / vergebene Arbeiten / …, die im sogenannten “Back-Office”, also der Verwaltung im weitesten Sinne, relevant sind. Aber auch das “Front-Office” - also dort wo der Besucher ins Spiel kommt - muss betrachtet werden und hier kommt der Kontakt in jeglicher Form mit ins Blickfeld, von der Platzreservierung über den Kartenverkauf über die Einbindung der Kunden in die sogenannte “Augmented Reality” bis hin zu Möglichkeiten der digitalen Interaktion mit weltweiten Forscher-Communities und noch vieles mehr ...


Auch bei Kulturorganisationen gibt es mehr Daten außerhalb der Organisation als innerhalb


Am Beispiel des “Exilarchiv 1933-1945” war auch sehr schön zu erkennen, dass typischerweise viel mehr Daten außerhalb einer Organisation existieren als innerhalb. Gerade der Ansatz von Linked Open Data ist ein Paradebeispiel dafür.

Wir haben in unserem Projekt die Daten des Exilarchivs (wer wann von wem an wen von wo) angereichert mit vielfältigen Daten über die Personen, die für alle nutzbar verfügbar sind im sogenannten Linked Data Format. Darüber konnten wir deutlich weitergehende Analysen ermöglichen, die mit dem ursprünglichen Datensatz so gar nicht möglich gewesen wären.


Kulturorganisationen sind sehr unterschiedlich weit im Digitalisierung-Denken


Oft sind Kulturorganisationen sehr zurückhaltend mit dem Thema Digitalisierung. Sie sehen nicht die Chance darin und sehen es auch nicht als ihre Aufgabe oder sträuben sich gegen diesen Schritt der Veränderung. Jede Veränderung erfordert eine Bereitschaft zur Bewegung. So manche Kulturorganisation ist sich gar nicht bewusst, was sie alles an Daten hat. Und was sie damit erreichen könnte. Und zwar vollständig in Einklang mit ihrem Kulturauftrag.

Es gehört auch eine neue Art zu denken und zu fragen dazu, um sich die Potentiale der Digitalisierung zu erschließen. Daher sind Kulturorganisationen sich oft nicht bewusst, was sie mit den Daten machen könnten. Die richtigen Fragen stellen will gelernt und geübt sein. Und dazu braucht es auch oftmals Coaching von außen.


Digitalisierung kann einen großen strategischen Schritt nach vorne bedeuten


Ein wichtiger Grundsatz ist, dass man die Digitalisierung nicht um der Digitalisierung willen macht! Es gibt durchaus sehr positive Beispiele wie die Deutsche National Bibliothek (DNB) zu der das “Exilarchiv 1933-1945” gehört, die bereits 2012 begonnen hat, sich mit ihrer strategischen Ausrichtung zum Thema Digitalisierung zu beschäftigen und ihren “Strategischen Kompass 2025” bis 2016 erarbeitet und verabschiedet hat, der die Organisation nun leitet. Und genau anhand einer solchen - sich ständig weiterentwickelnden - Strategie, kann man auch alle seine Aktivitäten rund um die Digitalisierung ausrichten. Auch eine solche Strategie muss und kann nicht von Anfang an perfekt sein, aber sie regt zum Nachdenken an und hilft die Digitalisierung dort als Hilfsmittel einzusetzen, wo sie einen positiven Beitrag leistet. Digitalisierung ist das Mittel, nicht der Zweck!


Mein Fazit


Meine Erfahrungen aus der Digitalisierung im Wirtschaftsumfeld muss ich in eine andere Sprache “übersetzen” und dann in der Kultur anwenden. Kultur ist anders, Dinge werden etwas anders benannt, aber die grundsätzlichen Probleme, Denkmodelle und Ansätze sind die selben.


Und grundsätzlich sind Menschen im Kulturbereich meiner ersten Erfahrung nach von Natur aus offen für Zusammenarbeit, was ein großes Plus bedeuten kann auch und gerade im Bereich Digitalisierung. Es war eine sehr angenehme Erfahrung in diesem neuen Feld zu arbeiten.


Und es hat mir unglaublich viel Spaß gemacht!



All the best!


Achim

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